Motoren starten – Ressourcen schonen

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Motor und Maschine

Seit seiner Erfindung vor weit über 100 Jahren hat sich der Drehstrommotor als Antriebseinheit immer mehr durchgesetzt. Er ist heute der meist genutzte elektrische Antrieb.

Elektromotoren im industriellen und gewerblichen Einsatz verbrauchen einen erheblichen Anteil der weltweiten Energieproduktion. Steigt die Effizienz all dieser elektrischen Antriebe, verbessert sich deren Umweltverträglichkeit aufgrund von CO2-Einsparungen, der Stromverbrauch sinkt. Bei nichtdrehzahlgeregelten Applikationen ist der Sanftstarter ein wirksames Element in dieser Antriebsachse, um den Strombedarf zu senken und den Motor sanft zu starten. In diesen Fällen stellen Sanftstarter immer die energieeffizienteren Lösungen dar als Frequenzumrichter.

Hohen Einschaltstrom begrenzen

Der hohe Wirkungsgrad von Hocheffizienzmotoren (Effizienzniveau IE3 oder höher) senkt den Energieverbrauch. Durch ihren Einsatz entstehen jedoch im Wesentlichen zwei nachteilige Effekte beim direkten Einschalten der Elektromotoren: Zum einen sind die Anlaufströme dieser Hocheffizienzmotoren um ein Vielfaches höher als die der bisherigen Standardmotoren und zum anderen sind die Drehmomente auf das bis zu 3-fache erhöht.

Während konventionelle Motoren beim Einschalten einen 6- bis 8-fach höheren Einschaltstrom gegenüber dem Nennstrom des Motors erzeugen, benötigen Energieeffizienzmotoren beim Start einen Anlaufstrom von bis zum 15-fachen des Motornennstroms. Durch das erhöhte Drehmoment kommt es zu einer schlagartigen mechanischen Belastung in der Maschine, die zur Verkürzung der Lebensdauer führt.

Aufgrund dieser unerwünschten Effekte kann es zu Störungen in der Netzversorgung oder zum Auslösen von Überstromschutzeinrichtungen kommen oder z. B. zu Druckstößen in
Pumpensystemen.


Motoren starten – auf die richtige Methode kommt es an!

Mit der zunehmenden Marktverbreitung des Drehstrommotors wuchs der Wunsch nach geeigneten Startverhalten, um die oben erwähnten unangenehmen Nebenerscheinungen
zu eliminieren. Lösungskonzepte durch elektrische Maßnahmen in der Netzzuführung sowie mechanische Maßnahmen, wie z.B. Rutschkupplungen, wurden im Laufe der Zeit entwickelt. Eine Übersicht der verschiedenen elektrischen Anlaufarten ist in der folgenden Aufstellung dargestellt. Ein Blick auf die Strom- oder Momenten-Kennlinien zeigt das Verhalten einer jeden Starterlösung.


Merkmale der unterschiedlichen Methoden 

Direktanlauf

  • Drehstrommotor kleinerer und mittlerer Leistung
  • 3 Leiter zum Motor
  • Hohes Anlaufmoment
  • Hohe Stromspitze
  • Spannungseinbruch
  • Ein einfaches Schaltgerät

Stern-Dreieck-Anlauf

  • Drehstrommotoren kleinerer bis hoher Leistung
  • 6 Leiter zum Motor
  • Reduziertes Anlaufmoment, 1/3 des Nennmomentes beim Starten im Y
  • Hohe Netzbelastung durch Stromspitze bei Umschaltung von Y auf Δ
  • Hoher mechanischer Stress durch Momentensprung bei Umschaltung von Y auf Δ
  • Viele wartungsintensive Schaltgeräte mit großem Platzbedarf im Schaltschrank

Sanftanlauf

  • Drehstrommotor kleinerer bis hoher Leistung
  • 3 Leiter zum Motor
  • Variables Anlaufmoment
  • Keine Stromspitze
  • Keine Drehmomentstöße
  • Vernachlässigbarer Spannungseinbruch
  • Ein einfaches Schaltgerät
  • Optional: geführter Sanftauslauf, Schutzfunktionen usw.
  • Wartungsfrei

Startvarianten

Startvarianten Motor starten Ressourcen schonen
Drehmoment- und Startstromvergleich verschiedener Motorstartvarianten

* gilt für energieeffiziente Motoren
Alle hier aufgeführten Werte und Darstellungen sind vereinfacht und idealisiert dargestellt.

Gegenüber den Schützlösungen bieten Sanftstarter, auch als Sanftanlaufgeräte bezeichnet, erhebliche Vorteile.

In den dargestellten Kennlinien sind deutliche Momentensprünge sowie hohe Ströme und Stromspitzen der Schützlösungen zu erkennen:

  • Momentensprünge bedeuten hohe mechanische Belastungen der Maschine, somit höhere Servicekosten und stärkeren Verschleiß
  • Hohe Ströme oder Stromspitzen führen zu hohen Bereitstellungskosten durch die EVU’s (Spitzenstromberechnung) und hoher Netz- bzw. Generatorbelastung. Ein Sanftstarter steuert die Spannungsversorgung des Drehstrommotors in der Anlaufphase stufenlos. Dadurch wird der Motor an das Lastverhalten der Arbeitsmaschine angepasst. Mechanische Betriebsmittel werden besonders schonend beschleunigt. Lebensdauer, Betriebsverhalten und Arbeitsabläufe werden positiv beeinflusst.

Negative Einflüsse werden vermieden, wie beispielsweise

  • Aufschlagen von Zahnflanken im Getriebe,
  • Verringerung von Druckstößen in Rohrleitungssystemen,
  • Durchrutschen von Keilriemen,
  • Ruckeffekt bei Transporteinrichtungen.

EMV-leicht gemacht:

  • Keine abgeschirmten Motorleitungen notwendig
  • Keine Funkentstörfilter notwendig
  • Keine Sinus- oder du/dt-Filter notwendig

Da die Sanftstarter hauptsächlich in der Anlaufphase (optional auch in der Auslaufphase) steuernd auf den Drehstrommotor einwirken, ist eine dauerhafte Beeinflussung der Motordrehzahl nicht möglich. Denn nach dem Hochlauf des Drehstrommotors werden bei den meisten Sanftstartern die steuernden Leistungshalbleiter durch einen internen Bypass (Schütz oder Relais) überbrückt. Bei Sanftstartern ohne internen Bypass geschieht das in der Regel extern, um die hohen Energieverluste der steuernden Leistungshalbleiter zu vermeiden. Dauerhafte Drehzahlsteuerung gehört damit nicht zum Aufgabenbereich eines Sanftstarters.

Für Sanftstarter gilt die Produktnorm IEC/EN 60 947-4-2. Die Einhaltung der Norm und damit die Sicherstellung des hohen Qualitätsstandards werden durch die Konformitätserklärung der Hersteller dokumentiert.


Ausführungsvarianten von Sanftstartern

Generell unterscheidet man folgende Ausführungsvarianten:


Sanftstarter für Standardaufgaben

  • Haupteinsatzgebiet sind kleine bis mittlere Leistungen
  • Als Ersatz von Stern-Dreieck-Kombinationen
    – Verringerter Verdrahtungsaufwand
    – Geringerer Platzbedarf
    – Weniger mögliche Fehlerquellen
    – Wartungsfrei
  • Für den ruckfreien Betrieb in der Anlaufphase
  • Optionaler Sanftauslauf bietet Vorteile gegenüber der mechanischen Lösung.

Sanftstarter für anspruchsvolle Aufgaben

  • Der Leistungsbereich geht bis 1200kW (Kompaktgeräte)
  • Spannungsebenen 200 / 400 / 500 / 690 Volt
  • Alle Geräte besitzen eine einstellbare Strombegrenzung zur Vermeidung von Stromspitzenbelastungen.

Weitere Aufgaben, die von vielen Sanftstartern beider Produktklassen übernommen werden, sind:

  • Motorschutzeinrichtungen (ggf. optional)
  • Überwachung- und Schutzeinrichtungen für Versorgungsnetz und Sanftstarter
  • Parametriereinrichtungen zur Optimierung des Anwendungsbereichs
  • Steuerbefehl (ggf. unterschiedliche Eingänge)
  • Meldekontakte z. B. für:
    – Ansteuerung eines externen Überbrückungsschützes
    (Einsparung der Verlustleistung im Dauerbetrieb)
    – Betriebsmeldungen
    – Störmeldungen (z. B. Netz, Sanftstarter, Motor)
  • Kommunikation (optional) z. B. über Feldbusse
  • Wurzel-3-Schaltung (für den Einsatz kleinerer Sanftstarter)
  • Drehmomentenregelung (optional) für besonders schwierige Anläufe

Sanftstarter mit internen Bypasskontakten

  • Einsparung der Verlustleistung im Dauerbetrieb (nach erfolgtem Anlauf)
  • Kompakte Baugrößen sparen Platz im Schaltschrank
Phasenanschnittsteuerung Sanftstarter mit internem Bypass
Phasenanschnittsteuerung und schematischer Aufbau eines Sanftstarters mit internen Bypasskontakten

Zwei- und dreiphasig gesteuerte Sanftstarter

Sanftstarter unterscheiden sich unter anderem in der Anzahl der gesteuerten Phasen, es gibt zwei- und dreiphasig gesteuerte Varianten. Zweiphasig gesteuerte Produkte weisen
in den gesteuerten Phasen einen bis zu 50% geringeren Strom auf als in der ungesteuerten Phase (Stromunsymmetrie). Dies führt während der Startphase zu einer leichten
Erhöhung der Temperatur der Motorwicklung. Die Auswirkung der Stromunsymmetrie ist jedoch vernachlässigbar klein. Bezüglich Leistung, Sicherheit und Zuverlässigkeit gibt es
zwischen zwei- und dreiphasig gesteuerten Sanftstartern keinen signifikanten Unterschied. Meist bieten zweiphasig gesteuerte Produkte den Vorteil kompakter Abmessungen, da Bauteile eingespart werden. Hinzu kommt die Möglichkeit, kosteneffizienter zu bauen. Für Aufgaben mit Anspruch auf hohe Leistung gepaart mit hoher Funktionalität,
wie zum Beispiel genaue Phasenstromüberwachung oder die Möglichkeit einer Wurzel-3-Schaltung, empfiehlt sich ein dreiphasig gesteuerter Sanftstarter.


Der Sanftstarter und seine Einsatzgebiete

Sanftstarter lassen sich an die Anforderungen der jeweiligen Applikationen anpassen. Die nachstehende Übersicht bietet eine Zusammenstellung von Arbeitsmaschinen, deren Betriebsart (Standard- oder Schweranlaufbetrieb) sowie den Vorteilen bei Verwendung von Sanftstartern. Zur weiteren Orientierung ist der maximale Anlaufstrom aufgeführt, der in Verbindung mit den Sanftstartern zu einem Hochlauf auf Nennbetrieb notwendig ist.

Einsatzgebiet Sanftstarter

Hersteller von Sanftstartern

Führende Hersteller von Sanftstartern haben sich im Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie e. V. (ZVEI) zu einem Arbeitskreis zusammengeschlossen.

Hersteller von Sanftstartern ZVEI

ZVEI - Fachverband Automation

ZVEI e. V.
Dr. Markus Winzenick
Fachverband Automation
Fachbereich Schaltgeräte, Schaltanlagen, Industriesteuerungen
Lyoner Straße 9
60528 Frankfurt am Main
Fon: 069 6302-426
Mail: markus.winzenick@zwei.org
www.zvei.org

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